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Wenn die Motivation der Mitarbeitenden scheitert, könnte es am Leistungsbegriff liegen!  

Statt Leistung durch Motivation zu “erzwingen” empfiehlt es sich, den betriebswirtschaftlichen durch einen humanistischen Leistungsbegriff zu ersetzen. 

Die eigenen Mitarbeitenden motivieren, welche Führungskraft möchte das nicht? So schwer kann das ja nicht sein, und Hilfe ist auch schnell zur Hand. Wer z.B. wie ich die Worte „Mitarbeiter“ und „Motivation“ bei Google eingibt, erhält unter den ersten Treffern die folgenden Einträge:   

  • Ihre 36 Tipps für die Motivation – Talention 
  • Mitarbeitermotivation: 25 Tipps und Beispiele, die effektiv wirken 
  • Motivation steigern: die 12 wichtigsten Maßnahmen 
  • Mitarbeiter:innen motivieren: 10 ultimative Tipps! 
  • Die 8 besten Tipps zur Motivation 

    An Tipps hat es also keinen Mangel, wobei offenbar gilt „viel hilft viel“, denn je mehr Ratschläge, desto weiter vorn ist man bei Google gelistet. Und an Bedarf hat es offensichtlich auch keinen Mangel, sonst wäre die Flut an Ratschlägen kaum zu erklären. Hoher Bedarf, großes Angebot – das müsste doch passen, oder?   

    Motivation oder Manipulation? 

    Leider passt es nicht, zumindest nicht, wenn man den vielen Untersuchungen Glauben schenken darf, die von hohen Zahlen demotivierter Mitarbeitender in deutschen Unternehmen berichten. Da läuft also etwas schief. Nur: was?  

    Bevor der geneigte Leser abschaltet: Nein, ich habe nicht vor, in diesem Blogbeitrag Motivationstechniken zu beschreiben, auf die noch keiner gekommen ist und die in den o.a. Ratgebern nicht vorkommen. Die gibt es nach meinem Dafürhalten nicht, und zwar ganz unabhängig davon, von wie vielen Motivationstechniken oder -tipps man sprechen möchte. Und das Problem liegt auch nicht bei den Techniken.   

    Stattdessen möchte ich meinen Blick auf die Ergebnisseite richten, also darauf, wozu Mitarbeitende motiviert werden sollen. Im Unternehmen lautet die Antwort meist: zur Leistung. Und an dieser Stelle schleicht sich bei vielen Menschen ein Unbehagen ein, weil der Gedanke, dass Führungskräfte ihre Mitarbeitenden zur Leistung motivieren wollen bzw. sollen, schnell mit Manipulation, Ausbeutung und menschlicher Kälte assoziiert wird.   

    Ein neuer Begriff von Leistung 

    Dabei ist an dem Ziel, gute Leistung generieren zu wollen, überhaupt nichts Verwerfliches. Im Gegenteil, wer möchte das nicht: Top Leistungen erbringen? Für Unternehmen sind Top-Leistungen die Basis ihrer Existenz, und für Mitarbeitende sind sie eine Quelle von Stolz und Selbstwirksamkeitserleben: es gibt kaum etwas Befriedigenderes, als exzellente Leistungen zu erbringen. Haben wir uns nicht deswegen unseren Beruf ausgesucht, weil wir glauben, darin sehr gute Leistungen erbringen zu können und das auch wollen? Und wenn wir dann jemanden haben, eine Führungskraft, die uns auch noch dazu motiviert, uns hilft, unseren inneren Schweinehund zu überwinden, ist das nicht großartig? Nichts anderes tun Menschen, die sich Personal-Trainer leisten, um in Form zu kommen. Woher stammt aber dann dieses Unbehagen?  

     

    Meine Antwort lautet: vom Begriff der Leistung, wie sie betriebswirtschaftlich verwendet wird.   

    Leistung wird im Unternehmenskontext meist in Analogie zum physikalischen Leistungsbegriff aufgefasst, nämlich als der Quotient aus Arbeit und Zeit. Sie wird daran gemessen, wie viel Output (z.B. Stückzahlen in der Produktion, Auslieferungen in der Logistik, bearbeitete Vorgänge in der Verwaltung, Innovationen in den F&E-Abteilungen) in einer bestimmten Zeit erzeugt wird. Nach dieser Logik ist Arbeitsverdichtung absolut folgerichtig: Wenn Leistung erhöht werden soll, muss entweder der Zähler (Output) größer werden oder der Nenner (Zeit) kleiner. Leider sind dann die negativen Folgen für Unternehmen und die in ihnen arbeitenden Menschen ebenfalls unausweichlich: Stress, Überlastung, Burnout, Fluktuation, Angst, um nur einige zu nennen.  

    Um dieses Dilemma zu lösen, schlägt Michaela Brohm-Badry eine erweiterte, humanistische Definition von Leistung vor:  

    Leistung

    Diese Definition ergänzt den herkömmlichen Leistungsbegriff um eine reflexive Komponente: Leistung im Rahmen der Erwerbsarbeit ist nicht etwas, das unabhängig vom leistenden Menschen verstanden werden kann, sondern etwas, das direkt vom Wohlbefinden des leistenden Menschen abhängt! Mit Wohlbefinden meint Brohm-Badry dabei nicht das landläufige Verständnis eines „guten Gefühls“, sondern bezieht sich auf die WHO-Definition von Gesundheit als „ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen“.   

    Leistung, Wohlbefinden und ihre Bedeutung 

    Ein solches Verständnis birgt Implikationen für alle Parteien in Unternehmen:  

    Aus Sicht der Unternehmensleitung wird deutlich, dass nachhaltige Maßnahmen zur Leistungssteigerung nur möglich sind, wenn das Wohlbefinden der Mitarbeitenden als Kriterium jeder leistungssteigernden Maßnahme Berücksichtigung findet, und zwar von Beginn an. Die meisten von uns kennen Leistungssteigerungsprojekte, in denen die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden zu spät berücksichtigt oder sogar absichtlich ausgeblendet wurden. Das führt dann zu hohen Reparaturkosten im Anschluss, weil Mitarbeitende unzufrieden oder krank werden, kündigen oder dafür sorgen, dass die Leistungssteigerung nicht in dem Maße gelingt, wie das beabsichtigt war. Der o.a. Leistungsbegriff kann zwar das individuelle Wohlbefinden nicht garantieren, er macht aber deutlich, dass das Wohlbefinden der Mitarbeitenden nicht zum Nulltarif verringert werden kann, sondern für das Unternehmen bedeutende Kosten mit sich bringt.  

    Für die Mitarbeitenden ergeben sich mehrere Verknüpfungen zur gleichen Zeit: einerseits wird deutlich, dass Leistung nicht allein durch mehr Arbeit, ein größeres Durchhaltevermögen oder ein besseres Zeitmanagement zu erreichen ist. Diese Dinge mögen kurzfristig nützlich oder sogar erforderlich sein, sie führen aber langfristig zu schlechteren Leistungen, wenn das Wohlbefinden, d.h. die Gesundheit leidet. Zugleich verweist dieses Konzept auf die Eigenverantwortung, die jeder arbeitende Mensch im Rahmen der Leistungserbringung trägt. Zur Verdeutlichung: Leistung als Produkt aus Arbeit und Zeit bringt den arbeitenden Menschen sehr schnell in eine passive Haltung, weil sowohl Arbeitsmenge als auch zur Verfügung stehende Zeit extern (z.B. durch Führungskräfte, Prozesse o.ä.) vorgegeben werden können, wodurch der Beitrag der Einzelnen darauf reduziert wird, den Anforderungen zu entsprechen. Oder eben nicht. Wohlbefinden aber kann auf keinen Fall von außen vorgegeben werden. Es zu erreichen, erfordert zunächst einen Prozess der Reflexion („wie kann/will/muss ich arbeiten, wenn ich mich „wohl befinden“ will?) und dann einen Austausch z.B. mit der Führungskraft, die mein Innenleben nun mal nicht kennen kann und darauf angewiesen ist, dass ich mich mitteile, wenn sie den Prozess der Leistungserbringung wohlbefindensgerecht steuern soll.  

    Und daraus ergeben sich unmittelbare Implikationen für die Führungskräfte und die Frage der Mitarbeitermotivation:

    Leistung

    Nimmt man die Formel ernst, dann wird die Frage nach Motivationstechniken nachrangig. Dann haben Führungskräfte für die Erfüllung ihres Kernauftrags, nämlich die Sicherstellung und möglichst Steigerung von Leistungserbringung, drei Ansatzpunkte:  

    1. Die Umsetzung der Aufträge in Arbeitstätigkeiten, die zuverlässig beherrschbar sind  
    2. Koordination und Prozessgestaltung, die einen effizienten Zeiteinsatz sicherstellen und  
    3. Den ständigen Austausch mit ihren Mitarbeitenden, um deren Wohlbefinden zu kennen und zu erfahren, was sie tun können oder unterlassen sollten, um dieses zu sichern oder zu steigern.   

    Motivationstechniken für Führungskräfte? 

    Alle drei Facetten müssen erfüllt werden. Sie reagieren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, so dass Führungskräfte den Gestaltungsfreiraum haben, bestimmte Facetten je nach Anlass etwas mehr oder weniger zu betonen. Eine dauerhafte Vernachlässigung einer Facette verbietet sich jedoch, wenn langfristig Leistung erzielt werden soll.  

    Führungskräfte, die dies ernst nehmen, profitieren von Motivationstechniken, wenn sie sie als Quellen der Inspiration und Weiterentwicklung nutzen, um Zusammenarbeit noch besser zu gestalten. Mitarbeitende durch Einsatz solcher Techniken anzutreiben spielt demgegenüber keine Rolle mehr. Die Frage der bestmöglichen Leistungserbringung erfolgt dann ganz automatisch im ständigen Austausch mit den Mitarbeitenden.  

    Ich freue mich über Kommentare, Gedanken und Hinweise zu meinem Blogbeitrag!   

     

     

     

     

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