Führungsansatz passend zum Zeitgeist: Traditionell – Modern – Resilient
Ein zentrales Thema in unserer heutigen Arbeitswelt ist es, Menschen gesund und motiviert über ein langes Arbeitsleben zu halten. Mit der Alterung der Bevölkerung der westlichen Welt werden die Menschen immer länger arbeiten müssen, um unsere Sozialleistungen auf einem akzeptablen Niveau zu halten und dadurch unsere Rechtsstaaten vor sozialen Unruhen zu schützen. Da gleichzeitig die Märkte, u. a. durch die Globalisierung und die informationstechnologische Revolution, volatiler und komplexer geworden sind, brauchen Organisationen zunehmend Menschen, die durch ein langes Arbeitsleben ihre Kreativität und Innovationsfähigkeit behalten. Wie kann das gelingen und welche Rolle kann der gewählte Führungsansatz dabei spielen?
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Der traditionelle Führungsansatz
In vielen historisch gewachsenen deutschen Unternehmen, Verwaltungen, traditionellen Familienunternehmen und Konzernen herrscht noch überwiegend eine Kultur, die u. a. durch aufgabenspezifisches Management (siehe Taylor, Frederick W.: „The principles of scientific management“. Cosimo, New York 2006) und einen eher traditionellen Führungsansatz geprägt ist. Die Grundlagen dieser Führung boten Beobachtungen in Produktionsbereichen von Industrieunternehmen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Mitarbeitende sollten dadurch motiviert werden einen möglichst hohen Lohn für ihren Arbeitseinsatz zu erreichen. Das sollte durch die Optimierung der Arbeitsprozesse, -mittel und physischen Arbeitsbedingungen umgesetzt werden.
Wie vom dänischen Unternehmensberater, Christian Ørsted, in seinem Buch: „Lebensgefährliche Führung“ (Ørsted, Christian: Livsfarlig Ledelse, People’s Press, København 2013) bemerkt wird, haben diese Ideen über die Jahre zur Steigerung der Effektivität in Industrieunternehmen, jedoch nicht zur Steigerung der Motivation geführt. Die Nachteile einer übertriebenen Aufgabenorientierung werden u. a. durch einen hohen Krankenstand bzw. durch die Inzidenz von Langzeitkranken in vielen Unternehmen deutlich.
Zu geringer Motivation von Mitarbeitenden, die ihren Ursprung auch in dieser einseitigen Fokussierung hat, trägt auch oft begleitend ein eher traditionell geprägter Führungsansatz bei. Er basiert auf Werten wie Gehorsamkeit, Loyalität und Präzision. In diesem Kontext sind die Hauptaufgaben der Führungspersonen – vereinfacht gesagt – ihren Mitarbeitenden klare Anweisungen zu geben, zu kontrollieren, ob die Aufgaben gemäß den Anweisungen ausgeführt werden, ob die Qualität der Ausführung stimmt und aufgrund dessen Sanktionen oder Belohnungen umzusetzen. Die geringe Autonomie der Mitarbeitenden macht, laut Ørsted, die Arbeit für selbstständig denkende Individuen langweilig und bietet in den allermeisten Fällen kaum Raum für Kreativität und Innovationen.
Der Vorteil, auf der anderen Seite ist, dass die Hauptverantwortung für die Ergebnisse klar bei der Führungsperson liegt. Das kann zu einer gewissen psychischen Entlastung der Mitarbeitenden führen und es dadurch einfacher machen, nicht übermäßig vom Erfolg oder Misserfolg des eigenen Bereichs beeinflusst zu sein. Zusammengefasst scheint dieser Führungsansatz aber offenbar nicht verschiedene Menschen so zu leiten, dass diese motiviert und innovativ für längere Zeit auf dem Arbeitsmarkt aktiv bleiben können.
Der moderne Führungsansatz
In unserem Nachbarland Dänemark hat man laut Ørsted seit längerem das „Motivationsthema“ bei Mitarbeitenden anders gelöst. Hier wird seit vielen Jahren ein moderner Führungsansatz gelebt, die stärker auf eine demokratische und freundschaftliche Beziehung zwischen Führungsperson und Mitarbeitenden baut. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen und Mitarbeitende haben einen freien Rahmen für die Ausführung ihrer Arbeit. Dieser Ansatz bringt Vorteile für die Mitarbeitenden, wie u. a. eine flexible Arbeitsgestaltung und eine selbstbestimmte Aufgabenerledigung und fördert im ersten Moment Kreativität und Innovationsfähigkeit.
Das Risiko ist dabei laut Ørsted, dass Mitarbeitende oft mehr Verantwortung als Einfluss bekommen und dass das Bestreben vieler Organisationen noch heute oft die Erreichung eher kurzfristig ausgerichteter Ziele ist.
Wenn unklar ist, was genau von den Mitarbeitenden erwartet wird und die Führungskraft bei Fragen eher mit Gegenfragen („Was denkst Du?“) reagiert, steigt der Druck. Das verstärkt sich, wenn anvisierte Ziele ausbleiben und Konsequenzen wegen der Nicht-Erreichung drohen. Gleichzeitig macht die flexible, selbstbestimmte Arbeitsgestaltung es für einige Mitarbeitende sehr herausfordernd Arbeits- und Privatleben zu trennen. Was zu Überlastungserkrankungen führen kann.
Die „Moderne Führung“ hat in Dänemark, laut Ørsted, auf der einen Seite dazu beigetragen, dass die Arbeitsmotivation höher ist als in allen anderen Ländern der Welt. Auf der anderen Seite gaben 60% der dänischen Arbeitnehmenden und sogar 78% bei den Mitarbeitenden bis 35, an, Stress zu erleben und die Menge der konsumierten Antidepressiva u. ä. Mittel in Dänemark ist seit den 1990ern konstant gestiegen. Der moderne Führungsansatz in der hier beschriebenen Form scheint also auch keine Lösung.
Der nachhaltige/ resiliente Führungsansatz
Aufgrund dieser Erfahrungen schlägt Ørsted einen dritten Führungsansatz vor, den er „Nachhaltige Führung“ nennt. Dieser Führungsansatz ist noch in der Entstehung und versucht das Beste von beiden Welten zu kombinieren. Bei der „Nachhaltigen Führung“ basiert die Beziehung zwischen Führungsperson und Mitarbeitenden auf Respekt statt Freundschaft. Der Freiheitsgrad der Mitarbeitenden in der Arbeitsgestaltung ist noch hoch, aber die Führungsperson ist dafür zuständig, eine klare Richtung zu definieren. Das soll es für die Mitarbeitenden einfacher machen einzuschätzen, ob sie auf dem richtigen Weg sind. Fehler und schlechte Ergebnisse werden gemeinsam betrachtet, um daraus zu lernen und das nächste Mal bessere Ergebnisse zu erreichen, ohne zu persönlicher Verletzung und Konsequenzen zu führen. Wichtig ist bei diesem Ansatz auch, dass Organisationen auf eine langfristige, nachhaltige Produktion setzen, anstatt sich und ihre Mitarbeitenden aufgrund kurzfristiger Ziele zu „verheizen“.
Auch für Führungskräfte bei uns in Deutschland bieten diese Erfahrungen gute Ansatzpunkte, um den eigenen Führungsansatz zu überprüfen. Es wäre doch denkbar, dass sich eher selbst traditionell ausgerichtete Organisationen direkt auf den Weg zu einer nachhaltigen bzw. resilienten Organisation entwickeln, ohne den Umweg über „Moderne Führung“ gehen zu müssen.
Um diese organisationale Transformation sicherzustellen und zu beachten, dass Menschen in der Organisation langfristig gesund, motiviert und kreativ bleiben, ist die Gestaltung und Umsetzung eines passenden Führungsansatzes entscheidend. Resiliente Führung ist situativ ausgerichtet und beinhaltet organisatorische, steuernde, beziehungsbildende und zukunftsgestaltende Elemente. Als Basis für eine gezielte Arbeit an der eigenen Führungspersönlichkeit hinzu einem resilienten Führungsstil, kann eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Führungsrollen, z. B. den acht Management-Rollen nach Quinn, sowie mit den spezifischen Anforderungen der Organisation und des eigenen Teams hilfreich sein.
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Literatur:
Taylor, Frederick W.: The principles of scientific management. Cosimo, New York 2006 (Nachdruck der Ausgabe Harper & Brothers, London 1911)
Ørsted, Christian: Livsfarlig Ledelse, People’s Press, København 2013 (Dänische Sprache)
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